Quantcast
Channel: Nummer Eins der Woche
Viewing all articles
Browse latest Browse all 10

Nummer Eins der Stadionbiere: Paderborner Edeltropfen

$
0
0

F022C2D2-3CA4-49AE-BC63-7625743740C7(Fotos: Getty Images) 

An diesem Wochenende war wieder spannend. Der souveräne Spitzenreiter SC Paderborn empfing die drittplatzierte Eintracht aus Frankfurt. 200 Kilometer weiter nördlich stieg gleichzeitig das Verfolgerduell: Der FC Bayern – gleichauf mit den Hessen – gastierte beim Tabellenzweiten, dem SV Werder aus Bremen. Zwei Knallerspiele an nur einem Nachmittag, am 25. Spieltag blieb die Spitzengruppe unter sich. Und auch der Abstiegskampf hat es in sich: Der VfL Wolfsburg, der sich mehr schlecht als recht auf dem Relegationsplatz hält, empfing den Vorletzten, den SC Freiburg. Für  Dortmund gab es hingegen kaum mehr Hoffnung: Der BVB klebt im Keller, die Anhänger der Borussia werden sich wahrscheinlich auch nach dem Heimspiel gegen den 1. FC Köln den letzten Tabellenplatz schön saufen müssen.

Aber wenigstens können die Gelb-Schwarzen das für kleines Geld tun. Ein Plastiknapf Brinkshoff No1 kostet im Westfalen-Stadion (das inzwischen irgendwie anders heißt) nur 3,70 Euro – vergleicht man wegen der unterschiedlichen Bechergrößen die Literpreise, ist das Bier in keinem anderen Stadion der Bundesliga billiger. Das zeigt die Rangliste, die ein anerkanntes Fachblatt für aggressive Männerbünde, die zu freiwilliger Uniformierung neigen, erstellt hat – nein, nicht der Kicker, sondern das manager magazin.

Betrachtet man diese Tabelle, anhand derer die Partien des vergangenen Samstags am Anfang des Textes neu gedeutet wurden, zeigen sich einige Auffälligkeiten: Obwohl der Fußball die größte Gelddruckmaschine seit der Erfindung von Sepp Blatter ist, scheinen die Gesetze des Marktes an den Zapfhähnen nur bedingt zu gelten. Der SC Paderborn hat zwar einen fulminanten Start in die Saison hingelegt, ist aber inzwischen akut abstiegsbedroht. Ein immer stärker werdender Kater macht sich breit im Benteler-Stadion (das auch mal anders, aber schon immer komisch hieß). Der Kader des SC Paderborn ist der billigste der Liga, bisweilen spielt er auch so, trotzdem kommen die Fans am teuersten weg. Mit  8,75 Euro pro Liter zahlen sie fast Oktoberfest-Preise, bekommen aber nur Warsteiner. In München hingegen, wo im Stadion regelmäßig Robben Kunststückchen vorführen und auch sonst auf Sensation gesetzt wird, kostet der Liter Paulaner nur 8,40 Euro. Oktoberfest-Preise wäre man dort gewöhnt. Bier wird hier eh vorrangig zum Duschen verwendet.

Stadionbier2Andere Vereine – auch das passt nicht so ganz in das Klagelied des immer kommerzieller werdenden Fußballes – greifen im Vergleich zu den Paderbornern schon fast zu einer Art Subventionspolitik: Ähnlich, wie nahöstliche Despoten ihr Volk lange mit niedrigen Brotpreisen ruhig zu stellen versuchten, suhlen sich der FC Schalke 04 (Veltins) und die schon erwähnten Dortmunder im bierseeligen Populismus. Sie sind eben echte Kumpel von den Kumpel auf den Rängen, der kleine Mann zählt hier noch etwas, die Molle zum Spiel darf hier nicht zu teuer sein. Noch anbiedernder scheint die Taktik von Bayer 04 Leverkusen und dem VfL Wolfsburg zu sein: Immer wieder wird den Werksvereinen vorgehalten, keine Identität, keine Geschichte, keine echten Fans zu besitzen. Falls auch letzteres stimmen sollte, möchte man gar nicht wissen, wie es in ihren Stadien aussähe, wenn dort das Bier (Leverkusen: Bitburger/Gaffel-Kölsch, Wolfsburg: Veltins) nicht vergleichsweise billig, sondern so teuer wäre wie in Paderborn.

Das fragt man sich vor allem, wenn man seinen Blick in die zweite Liga und damit auf den derzeit umstrittensten Retortenklub richtet: In Leipzig klagen zwar die Fans, dass an den Stadien-Kiosken zu viele Getränke mit der Hauptsponsoren-Brause versetzt werden. Über den Bierpreise klagen sie aber sicher nicht, sondern bringen eher einen Toast auf den Messias Mateschitz aus, der ihnen Brot und Spiele bringt, also Profifußball und den dort nirgends unterbotenen Preis von sechs Euro pro Liter.

So sehr man auch über den Kraken Red Bull schimpfen mag: Die Firma produziert zwar inzwischen auch Cola und vieles andere, aber immer noch kein Bier. Und so läuft in Leipzig die regionale Marke Ur-Krostitzer in die Plastikbecher. Die zweite Liga scheint überhaupt ein Feuchtbiotop deutscher Braudiversität zu sein: Während in der Liga Eins nur noch Augsburg (Riegele) und der SC Freiburg (Rothaus) Bier von kleineren Brauereien aus der Region ausschenken, liest sich die Bierkarte der zweiten Liga viel sympathischer: Von A wie Astra (natürlich FC St. Pauli) über F wie Fiege (VfL Bochum) bis nicht ganz zu Z, aber immerhin W wie Wernesgrüner (FC Erzgebirge Aue) kann man sich auf fast jedes Auswärtsspiel freuen, nur die Fortuna aus Düsseldorf macht mit Warsteiner eine Ausnahme, hat aber natürlich auch ein Alt auf Lager. Wenn Ingolstadt (Herrnbräu), Darmstadt (Pfungstädter) und Kaiserslautern (Karlsberg, mit K, wohlgemerkt) wirklich aufsteigen sollten – ihre Fans können einem fast leid tun.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 10

Latest Images